"Raumwerk D": Düsseldorfs Zukunft mitgestalten
"Raumwerk D": Düsseldorfs Zukunft mitgestalten
Mit dem Start des Entwicklungskonzeptes "Raumwerk D" nimmt das Jahr 2018 als "Jahr des Städtebaus und der Stadtentwicklung" in Düsseldorf gesamtstädtisch Fahrt auf. Ziel des "Raumwerk D" ist es, die unterschiedlichen Potenziale, Konsequenzen und Herausforderungen der künftigen Stadtentwicklung zu identifizieren und zu analysieren, zu gestalten und in die mit der Stadtgesellschaft vereinbarten Bahnen zu lenken. Oberbürgermeister Thomas Geisel begrüßt den Start des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes und ruft die Düsseldorfer Bevölkerung zu einer intensiven Beteiligung auf: "Mit dem 'Raumwerk D' wird das 'Düsseldorf von morgen' konzipiert. Uns ist wichtig, der Stadtgesellschaft, mit allen Bürgerinnen und Bürgern, bereits frühzeitig eine Stimme zu geben und die Mitgestaltung dieses wichtigen und langjährigen Prozesses zu ermöglichen."
Anmerkungen zu: Raumwerk D, Zukunft Quartier Düsseldorf, Integriertes Mobilitätskonzept 2030 plus, Thema Wohnen
von Joachim Siefert, Architekt
Keyworker Oberkasselplus
Thema Mobilität:
Verkehrsplanung ist als Bestandteil der Planung für die Stadt oder einen Stadtteil zu betrachten; sie ist also ein integrierter Bestandteil der Stadtentwicklungsplanung. Die alleinige Forderung an die Planung, z.B. einem vorausberechneten Verkehrsaufkommen zu genügen, kann nicht zu einer integrierten Lösung führen.
Statt dessen ist von Zielvorstellungen für die Gestaltung der Gesamtstadt, ihrer Stadtteile und der Quartiere auszugehen. Das Mobilitätskonzept für den Auto-, Radfahrer-, Fußgänger- und für den öffentlichen Nahverkehr ist diesen Zielen unterzuordnen.
Die Gewichtung der einzelnen Verkehrsarten ist nach der städtischen Situation und den allgemeinen zeitgemäßen Wertvorstellungen für die Stadt und ihre Quartiere festzulegen. Der bisherige Vorrang für den motorisierten Verkehr hat keine Gültigkeit mehr. Die Lebensqualität der Bewohner, die Aufenthaltsqualität der Benutzer, die Qualität der Stadtgestalt und des Klimas sind statt dessen die entscheidenden Planungskriterien. Dabei spielt eine wesentliche Rolle, dass in Düsseldorf die Kapazität für den motorisierten Verkehr längst erschöpft ist, dagegen für den öffentlichen Nahverkehr Kapazitätserweiterungen möglich sind, und für Radfahrer und Fußgänger noch keine Kapazitätsgrenze in Sicht ist. D.h., der motorisierte Durchgangsverkehr muss begrenzt und aus der Stadt und den Quartieren herausgehalten, der Zielverkehr auf den ÖPNV und auf den Radverkehr umgelenkt werden.
Düsseldorf- eine Musterstadt für Fußgänger:
Basierend auf der Annahme, dass diese grundsätzlichen Feststellungen auch Grundsätze der städtischen Planung von Düsseldorf sind, wird vorgeschlagen, städtische Verbindungen mehr aus der Sicht der Fußgänger zu planen, d.h. zum Beispiel, wo stark frequentierte Fußwege eine Straße überqueren, sollte dem Fußweg sichtbar Priorität vor dem Straßenverkehr eingeräumt werden. Als Beispiele seien der Fußweg aus der Grabenstraße über die Kasernenstraße genannt oder die Verbindung von Barbarossaplatz über die Drakestraße zum Platz vor der Antonius Kirche in Oberkassel. Hier sollte der Fußweg in Höhe und Belag durchgängig sein und nicht die Straße.
Wenn Plätze durch eine Straße getrennt sind, wie im hier angeführten Beispiel in Oberkassel, ist zu überlegen, ob die gesamte Fläche einschließlich der heutigen Fahrstraße nicht niveaugleich aufgepflastert und somit als Bereich gekennzeichnet werden sollte, auf dem alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind. Diese Methode des „shared space“ gründet auf der Maxime, dass sich jeder Verkehrsteilnehmer mit Rücksicht auf alle anderen Verkehrsteilnehmer zu verhalten hat. Der §1 der StVO gewinnt damit Priorität gegenüber dem §25 (3) der StVO aus den 1930er Jahren, der dem Autoverkehr Vorrang gegenüber den Fußgängern einräumt. Auf besonders gestalteten Flächen ohne Abgrenzung der Flächen für einzelne Verkehrsarten wird der Verkehr gemischt. Dieses Mischungsprinzip wird in den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen RASt 06 und in dem „shared space“ Programm der EU thematisiert und kann im Rahmen der neuen Infrastrukturförderung „Kommunalrichtlinie Klimaschutz“ vom BMU gefördert werden. In zahlreichen Ländern sind hierzu Richtlinien erarbeitet und in zahlreichen Städten Beispiele realisiert worden
(siehe hierzu u.a. Kommentare von Univ. Prof. Dr.-Ing. Jürgen Gerlach oder ein Manuskript von Joerg Thiemann-Linden, Deutsches Institut für Urbanistik).
Würde dieses Konzept konsequent in der Stadt durchgeführt, könnte Düsseldorf ein Musterbeispiel für eine fußgängergerechte Stadt in Deutschland werden.
Thema Wohnen:
Es ist bekannt, dass in Düsseldorf wie auch in anderen wachsenden Großstädten viele der in der Stadt arbeitenden Menschen sich nicht mehr leisten können, in dieser Stadt zu wohnen sondern häufig weite Strecken zwischen Arbeit und Wohnung pendeln müssen mit den, ebenfalls bekannten, sowohl für die Familien als auch für die Stadt negativen Auswirkungen. Natürlich müssen Wohnungen gebaut werden und die Stadt fragt die Düsseldorfer, wo diese Wohnungen gebaut werden sollen, denn es gibt widerstreitende Meinungen, ob verdichtet oder weitere städtische Flächen versiegelt werden sollen; hier heißt die Antwort sicher: mit Maßen sowohl als auch.
Allerdings muss auf die Tatsache hingewiesen werden, dass in Düsseldorf zwar viele Wohnungen gebaut werden, die aber für den Mieter mit normalem Geldbeutel zu teuer sind und vermutlich viele sogar leer stehen, da sie als Geldanlage gekauft wurden, wobei eine Vermietung nur von sekundärer Bedeutung ist. Obwohl die folgenden Anmerkungen sich nicht direkt auf die räumliche Planungen der Stadt beziehen, sollen sie in diesem Zusammenhang vorgebracht werden, denn auf dieses Grundproblem gibt es nur grundsätzliche Antworten:
–Der Grundsatz „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich auch dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ (§14 Grundgesetz) sollte auch auf dem Gebiet des Wohnens durchgesetzt werden. Das Leerstehenlassen von Wohnungen sollte wieder als illegale Zweckentfremdung bestraft werden (Zweckentfremdungs VO bis 2006).
–Die Wohnungswirtschaft wird in unserem Wirtschaftssystem immer auf Profit ausgerichtet sein und nicht auf das Gemeinwohl. Auch mit den Mitteln des sozialen Wohnungsbaus wird im wesentlichen der Wohnungseigentümer gefördert. Solange dieses Wirtschaftssystem nicht geändert ist, müssen die öffentliche Hand oder die Nutzer selbst wieder verstärkt Eigentümer des Wohnungsbaus werden, also die städtische Wohnungsgesellschaft und gemeinnützige Kooperativen.
–Mit Hinweis auf das Gemeinwohl könnte die Stadt bei Wohnungsverkäufen ihr Vorkaufsrecht in Anspruch nehmen. Die Mittel hierzu könnten von Düsseldorfer Einwohnern stammen, die als Mitglieder einer Wohnungs-Kooperative ihr Geld sicher und gemeinnützig anlegen.
–Grundsätzlich sollte erreicht werden, das städtischer Grund und Boden als nicht vermehrbares Gut im Eigentum der Stadt bleiben oder zurückgeführt werden muss. Auf die Initiative „Münchner Aufruf für eine andere Bodenpolitik“ sei hingewiesen.
Städtischer Info- und Planungspavillon:
Es wird sehr begrüßt, dass das Planungsdezernat die Stadtentwicklung grundsätzlich aufgreift und die Bürger darin ausführlich mit einbezieht. Dass auch die neuen Medien genutzt werden, hilft dem Gedankenaustausch. Was jedoch fehlt ist ein ständiges analoges Angebot der Information und des Austausches, wo BürgerInnen und BesucherInnen mit realen Personen sprechen und Pläne sowie Modelle ansehen können. Das gab es einmal in Düsseldorf, den Planungspavillon; heute ist das Stadtmodell irgendwo versteckt.
Die Anregung ist also, wieder solch einen Info- und Planungspavillon zu schaffen, am besten dort, wo Stadtentwicklung passiert, wo man sowieso hinkommt: im KöBogen 2, im Pavillon des sog. Ingenhoven-Tal.